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Was muss ein Einkäufer können (und tun) um nachhaltig einzukaufen?

Was muss ein Einkäufer können (und tun) um nachhaltig einzukaufen?

 

Wie im letzten Blogbeitrag geschildert, verändern sich die Anforderungen an den Einkauf und drei wesentliche Kompetenzbereiche der Zukunft sind Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Innovation (Bals et al., 2019).

Doch was genau sind Kompetenzen zu „Nachhaltigkeit“? Betrifft dies nur relativ wenige Teilprozesse des strategischen Einkaufs wie die Lieferantenauswahl? Oder zieht sich dies durch mehrere der Einkaufsprozesse und betrifft damit – je nach Einkaufsorganisation und dazugehöriger Stellenprofile – ein breiteres Spektrum der Mitarbeiterschaft im Einkauf?

Diesen Fragen nachzugehen war das Ziel eines Forschungsprojektes von Dr. Heike Schulze und Prof. Dr. Lydia Bals der letzten Jahre. Die Ergebnisse zeigen: Viele Teilprozesse im Einkauf sind relevant, entscheidend sind jedoch strategische Prozesse, und weniger solche im operativen Einkauf. Das hat nicht weiter verwundert, denn wenn die Einkaufsentscheidungen bereits getroffen sind und umgesetzt werden, sind Nachhaltigkeitsaspekte entweder bereits berücksichtigt worden, oder sie werden es auch hier nicht mehr. Sind Nachhaltigkeitskriterien beispielsweise bereits in Verträge mit Lieferanten aufgenommen und Teil eines Lieferantenauswahlprozesses, können Nachhaltigkeitsthemen in einer laufenden Beziehung zu Geschäftspartnern auf einer klaren Basis gemeinsam angegangen werden. Wenn allerdings ein Nachhaltigkeitsproblem bei einem Geschäftspartner auftritt, ohne dass vorab Anforderungen und Erwartungen des Auftraggebers geklärt wurden, ist es schwer, Maßnahmen einzufordern und Konsequenzen zu ziehen.

Dabei wurde ein Modell entwickelt, wie die Einkaufsprozesse in den gesamten Unternehmenskontext eingebettet sind. Das hilft dabei, Abhängigkeiten zu erkennen und damit nicht nur isoliert die reinen Mitarbeiterkompetenzen zu betrachten. Was letztere betrifft, so konnten die notwendigen Kompetenzen in vier Kompetenzfelder eingeordnet werden. Neben fachspezifischem Wissen wie die Kenntnis von Nachhaltigkeitsstandards und gesetzlichen Regelungen sind weitere wesentliche Kompetenzen unter anderem systemisches Denken, Kommunikationsfähigkeit, Stakeholder Management, Lieferantenmanagement (in Bezug auf Lieferantenkommunikation zum einen und der Anwendung von Tools zum anderen) und bspw. – als Metakompetenz – Selbstreflektion (Schulze et al., 2019).

Zwischenzeitlich wurde das Modell von Nachhaltigkeitskompetenzen nach Integration der Ergebnisse aus einer Expertenbefragung (Delphi Studie) fertiggestellt (Schulze und Bals, 2020). Es liefert für jede Kompetenz eine detaillierte Definition und exemplarische Verhaltensbeschreibungen in Bezug auf nachhaltiges Einkaufen. Auf dieser Basis haben bereits erste Schulungen im Automobilbereich und im öffentlichen Einkauf stattgefunden. Während Trainings selbstverständlich ein Bereich sind, in dem wir unterstützen können, lässt sich dieses Thema ebenfalls mit anderen unserer Module – insbesondere Einkaufsorganisation, Einkaufskompetenzen sowie den Modulen Aufbau strategischer Einkauf oder strategisch Einkaufen in 7 Schritten – verbinden.

 

Quellen:

Bals, L., Schulze, H., Kelly, S., & Stek, K. (2019). Purchasing and supply management (PSM) competencies: Current and future requirements. Journal of Purchasing and Supply Management, 25(5), https://doi.org/10.1016/j.pursup.2019.100572.

Schulze, Heike, & Bals Lydia (2020): Implementing sustainable purchasing and supply management (SPSM): A Delphi study on competences needed by purchasing and supply management professionals, accepted at Journal of Purchasing & Supply Management, Volume 26, Issue 4, 100625. https://doi.org/10.1016/j.pursup.2020.100625.

Schulze, H., Bals, L., & Johnsen, T. E. (2019). Individual competences for sustainable purchasing and supply management (SPSM). International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, https://doi.org/10.1108/IJPDLM-01-2018-0036.